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Noch trifft man sie...

26. März 2011

Joachim Gremm veröffentlicht im Schiller-Verlag seine „Siebenbürgische Wanderung"

Es geht noch gemächlicher, noch eindrücklicher. Beschwor Joachim Gremm 2007 noch die Vorzüge einer Fahrradfahrt durch die siebenbürgische Hügellandschaft, durchstreifte er drei Jahre darauf mit Rucksack und Wanderstock diesen Landstrich. Seine Reisebeschreibung erschien jetzt im Hermannstädter Schiller-Verlag.

Vor der Burgmauer in Schönberg/Dealu Frumos steht eine ungewöhnliche Baumfamilie: „Eine hohe schlanke Eiche wird von einem engen Kreis kräftiger Kastanien umringt, ursprünglich müssen sie ein volles Dutzend gezählt haben. Man fühlt sich unvermeidlich an Jesus und die zwölf Apostel erinnert." Seien wir einmal ehrlich – haben wir jemals die Bäume vor der Schönberger Kirchenburg betrachtet? Wahrscheinlich nicht, Gremm aber beobachtet auf seiner Wanderung von Porumbacu de Jos über Agnetheln/Agnita und Birthälm/Biertan bis nach Marktschelken/Seica Mare genau und bietet dem ortskundigen Leser immer wieder Aha-Erlebnisse dieser Art.

Tatsächlich richtet sich dieses Wandertagebuch in erster Linie an nichtsiebenbürgische Leser. Wie in seinem Erstlingswerk verknüpft Gremm seine Beobachtungen und Begegnungen mit der Geschichte von Land und Leuten. Mal erzählt er selbst, mal lässt er berichten, beispielsweise „aus der Kirchturmperspektive".

Viel Raum räumt Gremm dabei den Siebenbürger Sachsen ein, nicht zuletzt, weil es einst ihre Dörfer waren, die er erwandert und die Pfarrhäuser ihrer Geistlichen, in denen er den Großteil seiner Nächte verbringt. Er trifft die verbliebenen Sachsen, teils bereits bekannte Gesichter seiner früheren Reisen. Er kommt mit Sommersachsen ins Gespräch und sinniert über die Eigenheiten dieses Volkes, das die Gegend über Jahrhunderte prägte („Besonders gern plauschen sie über sich selbst.").

Dabei zeigt er unverhohlen sein Interesse für dieses schwindende Völkchen. „Wie die meisten der Betreuer der Siebenbürger Kirchenburgen geht sie (Frau Herbert) auf die 80 zu, vielleicht ist sie gar drüber hinweg. Dies war ein Hauptbeweggrund dafür, dass ich mit meiner Kirchenburgenwanderung nicht mehr warten wollte. Noch trifft man sie, die sächsischen Großmütter und Großväter, die als Kinder und Jugendliche die 'gute alte sächsische Zeit' vor 1945 miterlebt haben."

Seine Erlebnisse teilt Gremm wie schon in seinem Erstlingswerk – der 2008 im Schiller Verlag herausgegebenen „Siebenbürgischen Reise" – in schnörkelloser, bildreicher Sprache mit. Der Leser wird den Eindruck nicht los, den Autor gerade bei seiner Wanderung zu begleiten. Zu lebendig, zu leidenschaftlich sind die Beschreibungen der ursprünglichen Natur, der historischen Orte und ihrer bodenständigen Bewohner. Man merkt, dass hier ein echter Siebenbürgen-Fan am Werke war, der sich sorgfältig auf seine Reise vorbereitet hat.

Die Literaturliste am Ende des Buches gibt einen Fingerzeig auf Gremms Lesestoff – von Hermann Fabini bis Harald Roth, aber auch mit dem selbsternannten Dornenpriester Don Demidoff beschäftigte er sich. Zur Orientierung enthält das Buch eine Karte, auf der Gremms Reiseroute eingetragen ist. Diese ersetzt wegen ihrer geringen Größe jedoch keine richtige Landkarte. Ein Ortsnamenregister listet die erwähnten Ortschaften mit ihrer deutschen und rumänischen Bezeichnung auf. Im Innenteil illustrieren auf 16 Seiten Fotos das Beschriebene.

Das 164-seitige Reisetagebuch von Joachim Gremm ist unterhaltsame Lektüre. Wer die „Siebenbürgische Reise" mochte, wird auch dieses Buch gern lesen. Wer eine Reise durch Südsiebenbürgen plant, dem sei das Büchlein ans Herz gelegt.

Die „Siebenbürgische Wanderung. Zu Fuß zu Kirchenburgen und stillen Dörfern" (978-3941271487) ist im März im Schiller-Verlag erschienen. Das Buch ist zum Preis von 59 Lei in den deutschsprachigen Buchhandlungen erhältlich.

Holger Wermke, ADZ vom 26.03.11

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