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Im Visier der Securitate: Buchvorstellung in München

2. Februar 2015


Professor Dr. Wilfried Heller, der Autor der Studie. Foto: Susanne Habel

Im Haus des Deutschen Ostens in München (HDO) stellte der Geograph Wilfried Heller sein jüngstes Buch vor. In der Studie „Von ,Horea' zu ,Hans'" schilderte der Wissenschaftler seine bitteren Erfahrungen mit der Securitate in Rumänien in den siebziger und achtziger Jahren.
Im Jahr 1972 hatte Heller mit rumänischen Kollegen auf Exkursionen das Umland der Landeshauptstadt Bukarest und von Pitești, der Hauptstadt des Kreises Argeș, der sich vom Hauptkamm der Südkarpaten bis in die Rumänische Tiefebene erstreckt, bereist. Während dieser Monate nahm Heller auch Kontakt auf zum Soziologischen Labor der Universität Bukarest, da dort umfangreiche Studien zur Entwicklung des ländlichen Raumes betrieben wurden, und zwar unter dem Stichwort „Urbanisierung": „Das lief zu der Zeit im Zusammenhang mit der ,Kollektivierung' in der Landwirtschaft und war damit ein heißes Eisen", so Heller vor dem großen Publikum im HDO. „Schon damals wurde eine umfangreiche Akte unter dem Namen ,Horea' über mich angelegt." Ein rumänischer Kollege, ein informeller Mitarbeiter (IM) der rumänischen Securitate („Departamentul Securităţii Statului"/Abteilung für Staatssicherheit), hatte ihn als westdeutschen Spion denunziert.

Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus und des Ceaușescu-Regimes in Rumänien erfuhr Heller von einer systematischen Verfolgung durch die Securitate. Er stellte im Januar 2010 beim C.N.S.A.S., dem Nationalen Rat für das Studium der Securitate-Archive in Bukarest, den Antrag auf Aushändigung einer Kopie der Akte, die die Securitate über ihn angelegt hatte. Im August 2011 erhielt er die Kopie zusammen mit der Mitteilung, dass über ihn noch eine zweite Akte existiere. Diese konnte er im Juni 2012 in Empfang nehmen.

Professor Dr. Wilfried Heller, der Autor der ...Professor Dr. Wilfried Heller, der Autor der Studie. Foto: Susanne Habel Die erste Akte mit einem Umfang von 200 Seiten bezieht sich auf den Zeitraum von März 1972 bis Januar 1975, die zweite mit gerade 30 Seiten betrifft die Monate zwischen April und August 1989. In der ersten Akte gab die Securitate Heller den Decknamen „Horea", in der zweiten nannte sie ihn „Hans". Hier wurden besonders die Versuche dokumentiert, wie Heller beeinflusst werden sollte, in seinen Publikationen über Rumänien in Deutschland ein positives Bild von Rumänien zu zeichnen.

„Ein wenig entschied ich mich aus Neugier für die Einsichtnahme in meine Akten", so Heller. „Entscheidend war jedoch mein Wunsch, erstens die Methodik der Securitate und der Bespitzelung im Allgemeinen kennenzulernen, zweitens zu sehen, wie diejenigen, die Berichte schrieben, diese Aufgabe erfüllten und ob diese Berichte nach verschiedenen Typen und ihren Rollen gegliedert werden können." Vor allem um den zweiten Hauptgrund ging es ihm bei der Auswertung „seiner" Akten für die nun vorliegende Studie. Im HDO las Heller ausgewählte Passagen aus „Von ‚Horea' zu ‚Hans' – Irrungen und Wirrungen der Securitate Rumäniens im Spiegel zweier Akten" und erläuterte Hintergründe und Zusammenhänge.

Etliche Fragen aus dem Publikum schlossen sich an, die Heller geduldig beantwortete. So habe er schon 1972 für die geplante Erstfahrt nach Rumänien auf eigene Faust gut genug die Landessprache gelernt und somit auch später seine Akten im Original lesen können. Die lebhafte Diskussion wurde geleitet von Konrad Gündisch, dem kommissarischen Direktor des IKGS (Institut für Kultur und Geschichte der Deutschen in Südosteuropa an der Ludwigs-Maximilians-Universität München). Gündisch hatte auch eingangs den Referenten kurz vorgestellt: Wilfried Heller wurde 1942 in Littmitz/Kreis Elbogen in Böhmen geboren und ist emeritierter Professor für Humangeographie. Er studierte Geographie, Germanistik und Geschichte an den Universitäten Heidelberg und Erlangen, war von 1982 bis 1994 Professor am Geographischen ­Institut der Universität Göttingen und bis 2007 Inhaber des Lehrstuhls für Sozial- und Kulturgeographie mit dem Schwerpunkt Migrationsforschung an der Universität Potsdam. 2013 erhielt er den Sudetendeutschen Kulturpreis für Wissenschaft.

Susanne Habel, Siebenbuerger.de, 31-01-15

Wilfried Heller: „Von ,Horea' zu ,Hans'", Schiller Verlag, Hermannstadt/Bonn, 14,80 Euro, ISBN 9-783-94452937-0.

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