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Nahezu unentdeckte Orte „Städte im südlichen Siebenbürgen"

21. April 2010

ein Kulturreiseführer von Arne Franke

Städte wie Broos/Orastie, Großenyed/Aiud oder Fogarasch/Fagaras verbindet ein gemeinsames Schicksal. Sie stehen im Schatten der bekannten Touristenmagnete der Region Hermannstadt/Sibiu oder Kronstadt/Brasov. Zu Unrecht, meint Arne Franke, der in seinem jüngsten Buch sieben der kleinen Städtchen und die etablierten Anziehungspunkte vorstellt. Der Kulturreiseführer von Franke führt den Leser in die historischen Kerne von zehn südsiebenbürgischen Städten. Selbstverständlich widmet sich Franke ausführlich den drei bekanntesten Städten der Region Hermannstadt, Kronstadt und Schäßburg/Sighisoara. Doch er weitet seinen Blick gegenüber dem gewöhnlichen Tourenbuch für Siebenbürgenreisende. „Die übrigen Städte im südlichen Siebenbürgen, die ausnahmslos mit einer bemerkenswerten Geschichte aufwarten, sind bisher nahezu unentdeckt geblieben", schreibt er im Vorwort.

Einzigartige Baudenkmäler und Kunstschätze entdeckte Franke auch in kleineren Ortschaften, kulturhistorische Raritäten, die auf die wechselvolle Geschichte Siebenbürgens oder den engen Austausch mit dem Kulturraum in Mitteleuropa verweisen. Franke nimmt den Leser in jedem Kapitel mit auf einen Stadtrundgang.

In Mediasch/Medias stößt der literarische Besucher auf die besterhaltene Stadtkirchenburg Siebenbürgens, eine ebenfalls imposante Kirchenburg steht in dem heute verschlafenen Ort Großenyed. Eine der wichtigsten erhaltenen Verteidigungsanlagen Südsiebenbürgens ist die Fogarascher Festung, die neben dem nahezu unversehrten Zentrum einen Besuch lohnenswert macht. Die doppeltürmige Barockkirche von Elisabethstadt/Dumbraveni erinnert an die armenische Bevölkerung, die sich hier Ende des 17. Jahrhunderts niedergelassen hat. Die „Zwillingskirchen" in Broos dagegen spiegeln die religiöse Entwicklung in der frühen Neuzeit, während die größte erhaltene romanische Kirche, die Michaelskathedrale in Karlsburg/Alba Iulia, Zeugnis von der mittelalterlichen Geschichte Siebenbürgens ablegt. Die evangelische Stadtpfarrkirche in Mühlbach/Sebes wartet mit einem 13 Meter hohen Flügelaltar auf, dem laut Franke größten spätgotischen Altar der Region.

Der Kunsthistoriker Arne Franke schaut genau auf Fassaden und Innenräume bedeutsamer Bauten, ihren Skulpturenschmuck und Malereien. Dicht gepackt sind seine Texte mit Fakten und geschichtlichen Hintergründen, und bleiben dennoch lesbar und für den Laien verständlich. Für Abwechslung im Lesefluss sorgen thematische Kästen – mal werden die Geschichte der Bartholomäuskirche, mal Sehenswürdigkeiten in der Nähe der beschriebenen Ortschaften behandelt. Einige dieser Texte verfasste, wie die historische Einleitung am Anfang des Buches, der Historiker Harald Roth. Zahlreiche historische und zeitgenössische Fotografien, Postkarten, Malereien und Stiche machen das Geschriebene erlebbar.

Das Deutsche Kulturforum östliches Europa versuchte bereits mit dem Vorgängerband „Das wehrhafte Sachsenland. Kirchenburgen im südlichen Siebenbürgen" (2007) diesen Landstrich näher in den touristischen Blickpunkt zu rücken. In das neue Buch sind frühere Arbeiten von Franke (z.B. „Hermannstadt/Sibiu-Ein kunstgeschichtlicher Rundgang durch die Stadt am Zibin) eingeflossen, in denen er sich ebenso intensiv mit Stadtgeschichten auseinandersetzt. Wegen der Detailfülle ist der Kulturreiseführer nicht für den Gelegenheitstouristen geeignet, dafür umso mehr für Menschen, die die offenen und versteckten Schätze der südsiebenbürgischen Städte durch das Auge des Kunsthistorikers entdecken möchten.

„Städte im südlichen Siebenbürgen. Zehn kunsthistorische Rundgänge" (ISBN: 978-3936168426) erschien in diesem Jahr im Verlag des Deutschen Kulturforums östliches Europa erschienen. Der 360-seitige gebundene Band besitzt einen umfangreichen Anhang mit Kurzbiographien siebenbürgischer Persönlichkeiten, Stadtpläne, touristische Hinweise, ein Literaturnachweis sowie ein Personen- und Ortsnamenverzeichnis.

von Holger Wermke, ADZ vom 21.04.2010

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