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Originalität vom Bild her

12. September 2017

Fast alles, was den Hermannstädter interessiert

Gut, dass es noch genug Autoren gibt, die ein solches Buch schreiben können, auch im dokumentarischen Teil, auch im Literaturteil. So wurde das Buch auch breiter angegangen als es sonst in Veröffentlichungen dieser Art der Fall ist. Der Hermannstädter findet fast alles drin, was ihn interessiert. Einiges wird sogar zum ersten Mal behandelt. Stellvertretend für die Stadtgeschichte ein Aquarell (um 1890) vom Hof des Alten Rathauses. Bürgermeis- ter Thomas Altemberger hat es errichten lassen, er gilt auch als „Architekt der Sächsischen Nationsuniversität". Links sieht man sogar ein mobiles Wasserfass der 1873 gegründeten Freiwilligen Feuerwehr. Das Aquarell stammt aus der Sammlung von Konrad Klein, es wurde hier erstmals veröffentlicht, wie auch viele Fotos aus dieser Sammlung. Dadurch entsteht vom Bild her die Originalität des Buchs. Eine Coetus-Karte um 1925: Illustriert wird damit der Beitrag über das Schul- wesen der Siebenbürger Sachsen von Walter König. Er war nicht nur der beste Kenner dieser Materie, er hat auch die schwierige Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg immer gerecht beurteilt. Also was trotz der oft absurden Anordnungen von Leh- rern und Schülern geleistet werden konnte. Eine gute Zusammenfas- sung über das Theater hat Frieder Schuller geschrie- ben, sowohl über die Zeit, als sich die Patrizierin im Schaff ins Theater tragen ließ, wegen des Morasts, als auch über die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Kennzeichnend für diese Jahre waren oft Rosemarie Müller und Christian Maurer, das zeigt auch ein Foto aus dem Jahr 1967. Die deutsche Ab- teilung des Theaters wurde im Herbst 1956 gegründet, vor 60 Jahren also, das hätte man feiern können, wenn jemand ein Interesse daran gehabt hätte. Das Hermannstädter Forum und die Lokalpolitik heißt ein Beitrag von Hans Klein. Der Autor erzählt aus der Forumsarbeit mehr, als gewöhnlich in den Zeitungen steht. Diesmal kann man erfahren, wie Klaus Johannis als Bürgermeister gearbeitet hat, Einblick geboten wird auch in seine Bündnisse mit den beiden großen Parteien. Zum ersten Mal in einem Buch: Zwischen Hollywood und Hermannstadt. Das ist ein Abriss der Hermannstädter Film- und Kinogeschichte, von Konrad Klein. Beginnen kann man mit dem Zeltkino auf dem Hermannsplatz: Ein richtiges Wanderkino, der Strom wurde mit einer Dampfma- schine erzeugt. Ein Plakat des Apollo-Kinos, unteres Ende der Schwimmschulgasse. Sie finden es leicht, denn hier wurde das Staatstheater eingerichtet, nachdem das Theater im Dicken Turm abgebrannt war. Eine Villa auf dem Alten Berg war in den Kriegsjah- ren die zeitweilige Residenz von Ufa-Chef Erich Motz- kus. Auch ein Kopierwerk für Filme gab es. Stukas auf einem Feldflughafen in Bessarabien, gefilmt von Wilfried Ott. Das war der wichtigste Filmschaffende, der aus Hermannstadt stammte. Nach dem Krieg konnte er nahtlos weitermachen, er führte die Kamera bei „Mitrea Cocor" nach Sadoveanu. Gewöhnlich ging es aber friedlicher zu. Auf einem Foto sieht man Emil Sigerus in Michelsberg, in dem volkskundlichen Film von 1928 „Zu den Sachsen im schönen Siebenbürgen." In der Zeittafel ist auch die TV-Geschichte angehängt, der Autor ist der Meinung, dass ein Teil dieser deutschen Fernsehsendung von Hermannstädtern gemacht wurde, bitte, er rechnet auch Großpolder dazu. Ein Foto aus jener Zeit: Meister Ilja Ehrenkranz mit seiner Ariflex, 1975, pünktlich zugeschickt aus Jerusalem. Die Zeittafel hört mit der großartigen Veranstaltung auf, die Christel Ungar als Fernsehautorin und Klaus Johannis als Bürgermeister von Hermannstadt im Januar 2010 gemacht hatten: 40 Jahre deutsche Fernsehsendung und 20 Jahre Forum. Im Literaturteil sind u. a. Joachim Wittstock, Christi- an Maurer, Christel Ungar und Oskar Pastior vertreten.

Hans Liebhardt, ADZ vom 5.9.17

Hermannstadt Fakten – Bilder – Worte
Herausgegeben von der Heimatgemeinschaft der Deutschen aus Hermannstadt
Dagmar Zink Dusil
hora Verlag
Honterus Druckerei

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